Mümmelsteins Memorandum – Artus, der Harry Potter des Mittelalters

Willkommen in meinen Gedanken. Macht es euch bequem und gemütlich. Mir wurde eine wirklich einfach Frage gestellt: „Warum ist Artus heute noch so beliebt?“ Nichts leichter als das – dachte ich. Sehr schnell wurde mir klar, dass ich gerade bei diesem Stoff nicht wirklich zu Allgemeinheiten fähig bin, sondern die geneigte Leserschaft bitte von mir auf sich schließen mag.

Seit ich denken kann, begleitet mich die Geschichte von König Artus. Oder es begleiten mich Teile davon. Ich glaube, mein erster Kontakt mit dem Stoff war Disneys „Merlin und Mim“ oder war es T.H. Whites „Der König auf Camelot“, der Kinofilm „Excalibur“ oder doch der Roman von Mark Twain „Ein Yankee am Hof des König Artus“. Irgendwie war es wohl von jedem ein bisschen und alles zusammen.

Artus (Zillo Medieval)

Lustigerweise sei hier angemerkt, dass „Merlin Und Mim“ („Die Hexe und der Zauberer“) auch auf der T.H. White Buchvorlage basiert, ebenso wie das Musical „Camelot“, in dem Richard Burton den Arthur sang. Aus dem Musical stammt der Song „I wonder what the King is doing tonight“, ein Liedchen, das ich gern morgens beim Rasieren summe.

Irgendwie kommt es mir vor, als ob in früher Jugend der Artus Stoff mein damaliger Harry Potter war. Eine Welt, in der man zwischen Gut und Böse trennen kann, in der ein Mensch durch seine Taten in der Lage ist, die Welt zu ändern. Die Geschichte hat alles, was es braucht, das Herz eines Jungen zu verzaubern. Edle Ritter, Heldentaten, Zauberer, Hexen, ein mystisches Schwert, alte geheimnisvolle Legenden, einen Kreis von eingeschworenen Freunden und etwas das so verzaubert und legendär ist, dass man nicht mal genau sagen kann, was es ist, den Gral. Und das Beste an der Geschichte für mich war wohl, dass der Held als Junge beginnt, mit dem ich mich identifizieren konnte.

Irgendwann wollte ich mich dann richtig mit dem Stoff auseinandersetzen, besorgte mir den Tomas Malory und schmökerte mich durch sämtliche Literatur.

Zwei Dinge geschahen quasi gleichzeitig, der Zauber der Geschichte blieb, aber die Auseinandersetzung mit dem Thema wurde intensiver, da sich mir die Tragik des Stoffes mehr und mehr erschloss. Ab dem Moment, in dem alles geschafft scheint und England geeint ist, beginnt der Verfall und das Ende ist bereits angelegt. Für diesen Teil habe ich mich als Junge wirklich nicht mehr begeistern können.

Überall war Artus und vor allem der Gral. In jeder guten Verschwörungstheorie taucht zumindest der Gral auf und alle paar Jahre erscheint ein neues Buch oder ein Film, der wieder meine Gedanken anregt. Artus ist zu einem Mythos geworden oder war es ab dem Mittelalter schon immer. Ein Mythos der auch mich gefangen hält.

Und anscheinend geht es nicht nur mir so. Gerade dieses Halloween führt eine Rittertruppe im Europapark wieder mal ein Lanzenstechen um Excalibur und Artus auf und etliche Neuerscheinungen nähren den Lesedrang der Wissensdurstigen. Ich behaupte mal, dass jedem Artus ein Begriff ist.

Mit dem Stoff endet für mich persönlich die Verzauberung der Welt. Es ist die letzte große mystische Geschichte bevor die jeweilige Moderne über uns hereinbricht und das war sie durch die Zeiten wohl schon immer. Artus ist für mich der Wendepunkt, nach seinem Tod gibt es keine magischen Schwerter, Zauberer und Hexen mehr. Nach Artus gab es das quasi für mich entzauberte Christentum. Das aber bei nüchterner Betrachtung seinerseits alles andere als unmystisch ist.

Zillo Medieval # 01

Dennoch wird das ganze Artus Thema zu einer Grenze, zu deren Überschreitung ein sich nach Phantastik sehnender Geist hingezogen fühlt. Immer, wenn ich heute noch Orff höre, denke ich an Ritter, die durch blühende Wälder zur letzten Schlacht reiten. Eine ganze Zeit lang war ich regelrecht zornig auf Artus, dass er, stellvertretend für die ganze Geschichte, uns und vor allem mir das angetan hat. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich für mich erkannte, dass die Welt, in der ich leben darf, ein so wundervoller echter Ort ist, der keiner Magie und keinem Zauber bedarf.

Heute bedeutet Artus für mich, dass auch der größte Ritter und edelste König fehlbar ist, dass Recht und vor allem die Gleichheit davor jeden betrifft, dass man auch Unmögliches wagen muss, um seine Prinzipien zu erfüllen und irgendwie jeder auf der Suche nach dem eigenen Gral ist. Es ist für mich nur noch sekundär, wer Artus wirklich war, was der Gral tatsächlich ist oder ob es eine Merlin Figur historisch gegeben hat. Der Mythos und das, was dieser Mythos mit mir angerichtet hat, ist das wichtige daran. Ich denke, dass diese Welt zwar nicht wegen, aber unter anderem auch durch diese Geschichte ein ein wenig besserer Platz geworden ist.

Aus irgendeinem Grund ist dieser Artikel nun mehr eine Nabelschau als eine nüchterne Antwort geworden. Vielleicht entdeckt sich ja der eine oder die andere selbst darin und vielleicht sprecht ihr mich bei einem Met an der Drachenschänke darauf an.

Euer Falk.

P.S.

Zu guter Letzt noch ein wohlgemeinter Rat. Er bezieht sich auf den Film „Excalibur“ und eben jene Szene, in der Artus durch Uther Pendragon und Igraine gezeugt wird. Es geht nicht! Probiert es nicht aus! Kopulation in Vollrüstung ist eine doofe Idee. Im besten Fall wird es albern und Igraine hat derbe blaue Flecken.

2 Gedanken zu “Mümmelsteins Memorandum – Artus, der Harry Potter des Mittelalters

  1. Vielen vielen Dank lieber Falk für diese Webseite und besonders für diesen Artikel! Es lässt auch mich immer wieder lächeln wenn ich etwas über Artus & co lese!

  2. Nun könnte man das ganze auch in die heutige Zeit beziehen, Artus (ein Suchender) , der Gral ( das Ziel, bzw. der Sinn) . Wie Artus sind auch heut zutage doch viele auf der Suche nach einem Ziel oder dem Sinn der hinter etwas steckt und einem so die Kraft gibt durchzuhalten zb. bei einer Krankheit, einer für andere aussichtslosen Situation und vieles mehr. Somit kommen wir auch zum Glauben , der Glaube an das Ziel hilft den Suchenden weiter zu machen und erlebtes durchzustehen. Ich denke Artus ist deshalb noch so beliebt weil man sich in mancherlei Hinsicht heute noch in ihm finden kann oder in dem was er verkörpert hat……
    Gerne würde ich mal bei einem Gespräch an der Drachenschenke dort ansetzen.

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